Dem Dyke March Hamburg 2022 ging die Ankündigung voraus, Markus „Tessa“ Ganserer, ein mit einer Frau verheirateter Mann, Vater zweier Kinder und Bundestagsabgeordneter, der in der Vergangenheit schon oft durch frauenverachtendes Verhalten auffiel, würde auf dem Dyke March Hamburg sprechen.
Dementsprechend eines unserer Schilder:
Letztlich tauchte Markus Ganserer trotz „voller Solidarität“ von Hamburgs Bürgermeisterin Katharina Fegebank auf dem Dyke March nicht auf.
Den Marsch begleitete dieses Mal eine Gruppe sogenannter parlamentarischer Beobachter/innen, d.h. Abgeordnete, deren Aufgabe es eigentlich sein soll, ein Auge auf die Polizei zu haben, falls es von der Polizei zu übergriffigem Verhalten gegen Demonstrant/innen kommt (das ist später noch wichtig).
Die Gruppe der insgesamt vier parlamentarischen Beobachter/innen bestand aus Farid Müller (ganz links im Bild) von den Grünen Hamburg, der außerdem Sprecher für Queerpolitik ist, Miriam Block von den Grünen Hamburg (mittig), die „Queer-Feminismus“ als eines ihrer Schwerpunktthemen sieht und die selbst daran mitgewirkt hat, dass das Frauenstatut der Grünen potenziell jeden Mann mit einschließt; „Von dem Begriff ‚Frauen‘ werden alle erfasst, sie sich selbst so definieren.“1 Ganz rechts im Bild ist @ruthannover. Zu ihr konnten wir nichts näheres finden; wir vermuten, dass es sich um eine Freundin von Frau Block handelt. Dr. Carola Ensslen, queerpolitische Sprecherin von der Linksfraktion Hamburg, Fachsprecherin für Flucht und Migration, Verfassung und Queer, Mitfrau im Ausschuss für Gleichstellung und Antidiskriminierung, ist nicht im Bild.
Auf dem Bild im Hintergrund ist Herr Kost.
Der Dyke March begann und war ungewöhnlich schnell unterwegs. Wir beschlossen, uns auf dem Abschlussplatz zu versammeln und dort unsere Schilder und Banner zu zeigen, doch war der Umzug so schnell, dass er uns aufholte und an uns vorbeizog.
Dabei sah uns eine den Marsch begleitende Gruppe Polizist/innen in der Seitengasse. Die Polizist/innen gingen auf uns zu und fragten uns, was wir hier täten.
Uns wurde erklärt, dass man schon vor uns gewarnt worden wäre. Auf unsere Versicherung hin, dass wir uns friedlich verhalten würden, wie immer, wurde uns die reguläre Teilnahme gestattet und die Gruppe Polizist/innen führte uns in den Zug hinein.
Wie sich herausstellte, was wir zu dem Moment allerdings nicht wussten, wurden wir in Richtung des „enby:galactic + trans:tastic“-Blocks geführt.
Zu den ersten Anfeindungen kam es sofort: Eine Frau sagte zu uns „Digga, verpisst euch von der Demo, ihr scheiß Fotzen.“ und stieß eine Lesbe von hinten.
Lange liefen wir nicht mit. Wenige Meter weiter bogen wir in die Danziger Straße ein. Direkt darauf kam der weiter vorne in der Straße den Umzug führende Wagen zum Stehen und hielt damit den Umzug an.
Je länger wir standen, desto aggressiver wurden die uns umgebenden Transaktivisten.
„Cornelia“ Kost, ein Mann und Grünen-Mitglied, hielt hinter uns über ein Megafon vor dem „enby:galactic + trans:tastic“-Banner eine Rede.
Ebenfalls im „Transblock“ vor Ort war „Maya“, ein Mann, der sich ‚Lesbe‘ und ‚Mutter‘ nennt und der online schon durch Aussagen wie diese aufgefallen ist:
Der folgende Übergriff wurde von Miriam Block, einer anwesenden parlamentarischen Beobachterin, so in einem Interview mit „enby:galactic + trans:tastic“ beschrieben: „Es gab einen kleinen Moment, wo eine [sic!] Person vom Rand versucht hat, eine Fahne wegzunehmen von den Personen, die da in die Demo reingegangen sind und das war dann der Moment, an dem die Polizei die [den echten Dyke March] umstellt hat.“ (Minute 10:11)2
Wie „klein“ dieser Moment war, ist wohl subjektiv, auf jeden Fall war er kurz und brutal.
Ungefähr fünf Personen griffen zusammen koordiniert den vorderen Teil unserer Gruppe an, unter ihnen zwei Männer, die, wie eine hinten stehende Frau aus unserer Gruppe es gesehen hat, von hinten kamen und zwei unserer Frauen von hinten festhielten.
Sie versuchten, unser großes schwarzes Banner zu zerstören. Eine Frau kam von hinten, riss das Banner nach unten und versuchte, die es haltenden Bambusstöcke zu zerbrechen, die allerdings nicht nachgaben. Sie verdrehte das schwarze Banner, wie um es auszuwringen. Während ihre Kompliz/innen schon wieder davongerannt waren, kratzte dieselbe Frau eine lesbische Frau, die hinter dem Banner gestanden hatte, erst am Arm und schlug dann an ihrem Gesicht vorbei, so dass die angreifende Frau die Lippe der Lesbe traf.
Wir hatten nur wenige Sekunden Zeit, uns wieder zu sammeln. Die uns umgebende Menge fing jetzt an, stetig anschwellend „TERFs go home!“ zu brüllen.
Daraufhin kesselte die Polizei uns ein und stieß uns von der Straße herunter. Dies wurde vom Gejohle und dem Beifall der Außenstehenden begleitet. Wir wurden wie Aggressorinnen von der Polizei aus dem Zug geholt, obwohl die Polizei den Übergriff genau beobachtet haben muss, da sie sich die ganze Zeit in unserer Nähe befand und sogar eine der Angreiferinnen festhielt.
Eine 79-jährige Lesbe, die Teil unserer Gruppe war, wurde mehrfach brutal von der Polizei gestoßen und bekam Angst. An der Seite angekommen rief ein Polizist „An die Wand!“. Schließlich standen wir an der Seite, während die Polizei uns umringte.
Wir mussten unsere Ausweise abgeben. Eine Frau, die ihren Ausweis vergessen hatte, wurde durchsucht. Zwei junge Frauen, die uns an der Seite stehen sahen, fragten die Polizei, wofür wir hier festgehalten würden, worauf es als Antwort hieß, wir hätten die Pflicht gehabt, uns als Versammlung anzumelden; obwohl wir Teilnehmerinnen der Demo waren und von der Polizei die explizite Teilnahmeerlaubnis bekommen hatten. Außerdem würden wir die Demo „stören“.
Eine Gruppe Jungs im Alter von etwa 13 Jahren sagte uns, sie hätten alles genau beobachtet und ob sie als Zeugen dienen könnten. Außerdem fragten sie, warum wir angegriffen worden seien?
Wir mussten außerdem eine Spontandemo an der von der Polizei gewählten Stelle anmelden (die Alternative wäre strafrechtliche Verfolgung wegen einer unangemeldeten Versammlung gewesen). Trotz Spontandemo wurde uns von der Polizei gesagt, wir müssten warten, bis der Umzug komplett vorbeigezogen wäre und dürften so lange unsere Schilder und Banner nicht zeigen. Bis 19 Uhr, also bis Ende der Demo, dürften wir außerdem die Danziger Straße nicht betreten.
Um 19 Uhr holten wir uns bei der Polizei die Erlaubnis ein, oben am Endplatz des Umzuges Flyer zu verteilen. Dies wurde uns gestattet, solange wir unsere Schilder und Transparente nicht zeigten oder hochhielten. Der Polizei auf dem Karl-von-Ossietzky-Platz wurde per Funk informiert.
So begaben wir uns als Gruppe zum Endplatz. Dort waren immer noch eine Menge Leute und eine Menge Polizist/innen versammelt.
Wir versuchten, Flyer zu verteilen. Die meisten wurden zerrissen und uns wurden Mittelfinger gezeigt.
Zwei Frauen wurden auf dem Endplatz der Demo von einem aggressiven Mann in Stöckelschuhen und Rock belästigt (siehe Video von Radfem Berlin). Er drängte die Lesbe, die Flyer verteilte, zurück und fasste sie dafür auch über der Brust an. Als eine zweite Frau ihm den Rücken zuwandte, ging er aggressiv auf sie zu und brüllte „HEY!“, woraufhin mehrere umstehende Frauen uns befahlen, die Handys wegzupacken. Eine Gruppe Polizisten ging auf uns und den Mann zu, schritt aber nicht ein. (Siehe Video von Radfem Berlin, oder hier in voller Länge mit englischen Untertiteln).
Die Lesbe, die der Mann gerade noch bedrängt hatte, sprach die Polizei gleich darauf sofort an. Sie würde „Umweltverschmutzung“ betreiben und müsse deshalb alle Flyer auf dem Boden wieder an sich nehmen.
Der Mann im Rock fragte uns aggressiv nach unserem Alter, unseren Namen und unserem Wohnort. („Wie alt bist du?“ „Wie heißt du?“ „Woher kommst du?“).
„Seid ihr bekloppt oder wie zu spalten?“
„Wir spalten doch nicht? Wir möchten unsere eigenen Räume haben.“
„Hier gibts eine konservative Existenz von Weiblichkeit.“ „Ihr diskriminiert mich.“ „Nur weil ich als Mann geboren wurde, habe ich nicht das Recht, hier zu sein?“
Daraufhin von mehreren Frauen wieder die Aufforderung, unsere Handys auszumachen.
Eine befreundete Person des Mannes mit Stöckelschuhen mit grauer Kappe erklärte auch der Lesbe, die der Mann im Rock gerade eben noch belästigt hatte, der Mann im Rock sei „tausend mal weiblicher“ und „tausend mal schöner“ als sie, während der Mann im Rock über das „weibliche Gefühl“, das er in sich trüge, referierte.
Eine Frau ging sehr aggressiv zu der kleinen Gruppe Frauen, die vor den beiden Männern stand, drängte sich in die Gruppe hinein, hielt den Frauen ihr Handy ins Gesicht und sagte „Ich kann eure Menschenrechte auch verletzen.“
Die Polizei beschloss jetzt, den Platz zu räumen, also sammelten wir uns und gingen um die Ecke. Die Gruppe mit den zwei aggressiven Männern und der aggressiven Frau folgte uns. Vor einer Bar um die Ecke diskutierte der Mann im Rock abermals mit einer von uns, nannte sie dabei „dumm“ und „unterentwickelt“.
Unsere Gruppe machte sich nach kurzer Pause auf Richtung Hauptbahnhof. Nach einer Weile fiel uns auf, dass dieselben Leute dort wieder in einer Gruppe mit etwas Abstand zu uns standen. Inzwischen war es dunkel geworden.
Wir ließen den Tag in einer Bar ausklingen. Entgegen gegenteiliger Behauptungen sind wir aus keiner Kneipe geflogen; es stellt sich allerdings die Frage, woher unser Versammlungsort so genau bekannt war. Scheinbar wurden wir weiterhin beobachtet.
„Angriff“
Mehrfach wurde fälschlicherweise behauptet, unter anderem durch Herrn Kost, es hätte durch uns ein „Angriff“ stattgefunden.
Jede von uns (bis auf die Frau mit dem Megafon) trug mindestens ein Schild, von denen wiederum viele mit beiden Händen gehalten werden mussten, weil sie sehr groß waren oder um die Schilder davor zu schützen, entwendet zu werden, wie auf den anderen Dyke Marches schon geschehen.
Dann war eine 79-jährige Frau mit einer chronischen Lungenerkrankung Teil der Gruppe.
Wie stets zuvor und auch in Zukunft verhielten wir uns friedlich, was von der Gegenseite nicht behauptet werden kann.
Staatsgewalt
Wir kritisieren die Rolle der parlamentarischen Beobachter/innen, da wir grundsätzlich die Gefahr einer Verletzung der Gewaltentrennung sehen. Es ist auffällig, dass nur Abgeordnete mit trans-queerer ideologischer Gesinnung beim Dyke March Hamburg parlamentarisch beobachteten.
Wir vermuten, dass den parlamentarischen Beobachter/innen die Aufgabe zugeteilt wurde, uns möglichst schnell ausfindig zu machen und uns in dem Fall sofort von der Polizei entfernen zu lassen.
Auf dem Dyke March Hamburg hatte die Polizei offensichtlich im Sinne einiger Gruppen gehandelt, z.B. der Dyke March Orga, die auch beobachtet wurde, wie sie sich vorher mit der Polizei diesbezüglich besprochen hatte. Wir vermuten, dass die Polizei die Anweisung bekommen hatte, uns
möglichst als Aggressorinnen darzustellen und
unbedingt zu verhindern, dass wir unsere Schilder zeigten oder Material verteilten. Dabei ist es durchaus möglich und wahrscheinlich, dass der echte Dyke March vor der Demo bei der Polizei als „extrem gefährlich“ dargestellt wurde, um die Polizei zu extremerem Handeln zu verleiten.
Der Wortlaut, mit dem uns die Teilnahme gestattet wurde, ist außerdem interessant, wurde uns doch gesagt, wir würden entfernt werden, sollte es zu Problemen kommen; allerdings wurde nie behauptet, dass die Polizei uns nicht auch entfernen würde, sollte es zu Übergriffen auf uns kommen. War also das Ziel der Transaktivisten, den Zug anzuhalten, bis die Aggressionen um uns explodierten und uns daraufhin von der Polizei entfernen zu lassen?
„An die Wand!“ vonseiten der Polizei werten wir außerdem als Einschüchterungsversuch.
Wie kann es sein, dass in einer Demokratie der Ausdruck einer anderen Meinung durch die bzw. mithilfe der Polizei eingeschränkt wird?
„Radikalfeministinnen wollten Gewalt provozieren“
Wieder mal wird uns u.a. vonseiten Georg „Georgine“ Kellermanns und der TAZ3 die „Provokation von Gewalt“ beziehungsweise einer „aggressiven […] Reaktion“ oder auch „körperliche[r] Gewalt“ unterstellt. Und wieder mal weisen wir darauf hin, dass
dies ein Eingeständnis ist, dass eine Bereitschaft da ist, uns Gewalt antun zu wollen. Anscheinend lösen wir im Gegenüber den Wunsch zur Gewalt aus,
dass offen und laut homosexuell zu sein und für Homosexualität einzustehen, exklusiv zum gleichen Geschlecht hingezogen geboren zu sein und dazu öffentlich zu stehen, eine „Provokation“ ist, auf die es angemessen ist, mit Gewalt zu reagieren; also lesbenfeindliche Hassverbrechen legitimiert werden,
hier Tätersprache4 benutzt wird.
Die TAZ behauptet des weiteren, dass eine Eskalation verhindert werden konnte. Davon ist leider keine Spur, wie der Übergriff auf uns zeigt.
Merkwürdigerweise wird der Angriff auf uns mit keinem (!) Wort erwähnt, obwohl Mitglieder des sich mit wenigen Metern Abstand hinter uns befindlichen „enby:galactic + trans:tastic“-Blocks inklusive Herrn Kost selbst und aller Umstehenden ihn beobachtet haben müssen.
Sämtliche queerideologisch unterwanderten Vereine, Organisationen und Medien scheinen sich darauf geeinigt zu haben, nach DARVO-Taktik über uns zu „berichten“:
Leugnen bzw. verschweigen, dass es zu Angriffen auf uns kommt,
uns der Gewalt bezichtigen,
uns „Menschenfeindlichkeit“ vorwerfen,
mithilfe von politischer Macht und Meinungsmache diese Umkehrung als Fakten verkaufen.
Im Klartext bedeutet es, dass für trans-queere Ideolog/innen unbequeme Lesben damit rechnen müssen, von Presse und Politik für erlebte Gewalt verantwortlich gemacht zu werden. Das ist eine extrem bedenkliche Entwicklung.
Wir fordern eine Stellungnahme von allen der Öffentlichkeit verpflichteten Augenzeug/innen, inklusive Lesben gegen Rechts, Moritz Haberland und Eli Kappo in ihren Positionen als Influencerinnen, „Maya“, der „Dyke* March Hamburg“-Orga und Herrn Kost zu der Attacke und warum an erster Stelle nicht oder nicht wahrheitsgemäß über den Angriff auf uns berichtet wurde.
Ebenfalls warten wir auf eine Klarstellung durch den LesbenRing e.V. und Herrn Dr. phil. Dominik „Dana“ Mahr, die den „Bericht“ von „Maya“ unkritisch übernommen haben.
Änderungen: Anpassung zu Nacktmullen. Wir haben eine Spontandemo angemeldet.
Ich habe gerade Eure Beschreibung gelesen und mir pocht immer noch die Halsschlagader. :-(
Ich habe wirklich großen, großen Respekt vor euch Frauen! Bleibt stark!
@ Mehr Liebe für Nacktmulle:
Man kann die Dinge immer anders interpretieren, als sie eigentlich sind... Ich (Cis-Lesbe) stehe auf dem Foto in grau rechts neben Mullrich. Wir sind Freunde und waren zusammen auf der Demo. Ich kann bestätigen, dass es sich bei dem Slogan "Mehr Liebe für Nacktmulle" keineswegs ium Penis-Werbung oder etwas ähnlich Absurdes handelt, sondern darum, zu mehr Liebe (= Aufmerksamkeit. Anerkennung, Zuneigung) für Nacktmulle zu inspirieren, einer viel zu wenig beachteten und einzigartigen Spezies. Wir laufen seit Jahren beim CSD mit manchmal erneuerten Plakaten mit der stets gleichen Botschaft mit. Wir nehmen das Plakat mit zum Fußball ins Stadion, es war mit uns bei "Rave the Planet" in Berlin und wird uns auf noch hoffentlich viele Veranstaltungen begleiten!